In den Osterferien reisten wir als 6-köpfige Familie mit 4 Kindern zwischen 4 Jahren und 13 Jahren zum ersten Mal auf eine der verschiedenen Familienfreizeitangebote der Jugendherbergen. Wir hatten uns für die Zirkus-Familienfreizeit in der JUGENDHERBERGE NETTETAL-HINSBECK entschieden. Diese nennt sich auch Zirkus-Jugendherberge und bietet in den Osterferien und den Herbstferien jeweils 5 Zirkustage für Familien an. Wir überlegten zunächst, ob alle Kinder damit glücklich sein könnten. Langsam wird es mit den großen Kindern nämlich schwierig. Und der Altersunterschied zu der Jüngsten macht es doppelt schwierig für alle ein passendes Programm zu finden. Tatsächlich wollten aber alle mit und ich hoffte, dass alle auf passende Altersgenossen und Altersgenossinnen treffen würden.


Die Jugendherberge Nettetal-Hinsbeck liegt im Grünen umgeben von Feldern, Wald und Wiesen und bietet viel Auslauf und Beschäftigungsmöglichkeiten im Freien. Es gibt Volleyballfelder, ein Fußballfeld und Tischtennisplatten. Das Herzstück und Auffälligste des Geländes ist aber das Zirkuszelt, welches mitten auf einer Wiese hinter der Herberge selbst steht und schon von der Zufahrtsstraße aus zu sehen ist.

Gegenüber der Jugendherberge gibt es zudem einen weitläufigen Spielplatz und einen Wald, der zum Spielen einlädt, sowie einen tollen Kletterwald. Darüberhinaus kann man weitläufige Spaziergänge machen und mehrere Seen erkunden. Die Niederländische Grenze ist auch nicht weit, so dass sich auch Ausflüge ins Nachbarland anbieten. Im Gebäude selbst standen zwei Kicker und eine Tischtennisplatte zur Verfügung. In diesen Raum verschwanden einige der teilnehmenden Kinder regelmäßig mit Freude. Für Zwischendurch konnte man zudem Gesellschaftsspiele ausleihen. 

Da wir nicht wussten, wie sich so eine Familienfreizeit gestaltet, war das schon mal gut zu wissen. Allerdings sollten wir in den folgenden Tagen sehr gut beschäftigt sein, so dass wir das Angebot drum herum kaum nutzten.

Nachdem wir Samstagnachmittags unser geräumiges Sechsbettzimmer mit eigenen Bädern (ein Bad mit WC und Waschbecken und ein Bad mit zwei Waschbecken und Dusche) bezogene hatten und uns orientiert hatten, ging es sofort los. Alle Teilnehmer*innen der Familienfreizeit trafen sich im Speisesaal und wurden vom Zirkusdirektor herzlich willkommen geheißen und bekamen erste Informationen.

Wie sich herausstellen sollte, waren sämtliche Abläufe gut strukturiert und man bekam immer die passenden Häppchen verständlich erklärt, so dass man sich alles Wichtige gut merken konnte. Darüberhinaus erhielten wir einen Ablaufplan mit den Uhrzeiten für die Essenzeiten, Zirkusproben und anderer Programmpunkte.

Nach einem stärkenden Abendessen trafen sich dann alle Teilnehmer*innen zum ersten Mal im Zelt ein, was speziell für unsere jüngste Tochter ein absoluter Traum war. Dort wurden wir in den Ablauf der nächsten Tage eingewiesen und durften nach einem kleinen Kennenlernspiel alle Zutaten für potentiell mögliche Zirkusdarbietungen ausprobieren, um eine Idee davon zu bekommen, was wir aufführen könnten. Dabei war das oberste Gebot, dass niemand mitmachen musste. Wer nur zuschauen wollte, durfte genau das auch tun.

Wir probierten uns an Jonglagezubehör in verschiedenen Schwierigkeitsstufen, Springseilen verschiedener Längen, Balanceübungen auf Rollen und Kugeln und einem Schwebebalken in luftiger Höhe, Akrobatik, Zaubererequipment, Fakirzubehör und Wings (Zubehör aus dem orientalischen Tanz, auch Isis-Wings genannt) aus.

Zirkuspädagogen standen dabei beratend zur Seite und zeigten bei Bedarf die Möglichkeiten der verschiedenen Angebote. Übrigens konnte auch jeder noch Dinge wie Einräder, Balanceboards u.ä. mitbringen, wenn da bereits Fertigkeiten und Erfahrungen vorhanden waren. Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt.

Als Aufgabe für den nächsten Tag sollten wir Teilnehmenden uns schließlich noch mögliche Namen für unseren Zirkus ausdenken, aus denen wir dann am nächsten Morgen gemeinsam einen aussuchen und festlegen sollten. Damit bekam diese Zirkusfreizeit ihre ganz eigene persönliche Note.

Der Sonntagmorgen begann mit einem reichlichen Frühstück und startete dann um 10 Uhr wieder im Zirkuszelt. Nach der Abstimmung über den Zirkusnamen suchten sich alle ihre bevorzugte Zirkusdisziplin aus und fanden sich in Kleingruppen zusammen. Erste Ideen für Darbietungen wurden zusammen getragen und auch für die verschiedene Artistengrüppchen sollten eigene Namen gefunden werden. Der Zirkus bekam mehr und mehr seine ganz individuelle Note.

Insgesamt gefiel mir gut, dass es nie Leerlauf gab und doch viel Freiraum für eigene Ideen. Man bekam stets ein Beschäftigungsangebot oder einen freiwilligen Arbeitsauftrag. Man daran konnte teilnehmen wenn man wollte, musste aber nicht. Die vielen kleinen Angebote sorgten auch durch die Aufgabenstellung automatisch dafür, dass man mit den anderen Teilnehmer:innen in den Austausch kam und sich kennenlernte. 

Am Nachmittag trafen sich alle zum Bemalen von T-Shirts. Hier ging es darum ein T-Shirt mit einem Zirkusmotiv zu gestalten und mit dem Zirkusnamen vorne und dem eigenen Namen hinten zu bestücken. Während dessen erklärte der Zirkusdirektor noch zwei Spiele, die über die weiteren Zirkustage laufen würden. Wir entschieden uns dafür die Spielabläufe zu beobachten, merkten aber schnell, dass auch die beiden Spiele die Kommunikation untereinander und damit wieder das Kennenlernen erleichterten. So wurden auch introvertierte Persönlichkeiten angesprochen und die gesamte Gruppe durchmischte sich. Das abendliche Discoangebot ließen wir ausfallen, da wir ziemlich müde von unserem ersten Tag waren. 

Montags war ein langer Probentag. Es wurde Morgens und Nachmittags geprobt. Die Zirkusdarbietungen nahmen mehr und mehr Gestalt an. Da das Wetter sehr schön war, konnte Vieles draußen stattfinden, was alle sehr genossen. Insgesamt hatte man zwischendurch auch immer Zeit genug, um ein bisschen in der Sonne zu sitzen, zu plaudern oder auf den Spielplatz zu gehen. 

Am Abend fand ein Spieleabend im Zelt statt. Wir wussten nicht was uns erwartete, waren aber so gespannt, dass wir trotz Müdigkeit daran teilnahmen. Wir spielten dann in fair und gemischt aufgeteilten Gruppen gegeneinander und hatten wirklich richtig Spaß. Und das sage ich überzeugt, obwohl ich meistens bei solchen Angeboten eher zurückhaltend und etwas angestrengt bin.

Dienstags fanden dann nur morgens Proben statt. Der Nachmittag stand zur freien Verfügung. Wir entschieden uns für einen Ausflug nach Venlo, was nur circa 20 Minuten mit dem Auto von Nettetal-Hinsbeck entfernt liegt. 

Zum Abendessen fanden wir uns wieder pünktlich ein und die Kinder nahmen am Abend noch bei einer Nachtwanderung teil, von der sie begeistert wieder zurück kehrten. Wir Eltern waren derweil mit unserer Jüngste in unserem Zimmer geblieben. Sie war doch mittlerweile sehr übernächtigt, weil sie einfach alles sehr aufregend fand und die Abende davor später als sonst geschlafen hatte.

Mittwochs war der Tag, auf den alle hin fieberten. Morgens waren schon alle aufgeregt beim Frühstück. An diesem Tag fand die Generalprobe und Nachmittags die Galavorführung statt, bei der ich die meiste Zeit weinte, weil ich sehr gerührt über die Darbietungen war. Besonders war nämlich bei dieser Familienfreizeit, dass eine Gruppe Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen teilnahm und sich wunderbare Zirkusnummern ergaben, bei denen große und kleine Menschen mit und ohne Behinderung zusammen auftraten. Es war wirklich großartig!

Zur Galavorführung waren übrigens auch Freunde und Verwandte eingeladen. Und wer von den Zuschauer-Gästen wollte und es rechtzeitig bekannt gegeben hatte, durfte auch zum anschließenden Grillen und zum abschließenden Lagerfeuer bleiben. 

Den finalen Abschluss bot ein gemeinsamer Brunch am Donnerstag. Die Mahlzeiten waren alle abwechslungsreich und jedes Familienmitglied fand grundsätzlich etwas, wovon es satt wurde. Sogar unsere Jüngste, die beim Essen sehr mäkelig ist. Es gab zu jeder Mahlzeit frisches Obst und zum Frühstück gab es immer verschiedene Brot- und Brötchensorten. Vegetarier konnten sich im Vorfeld melden und bekamen auch eine vegetarische Kost angeboten.

 

Fazit zur Familienfreizeit

Zusammenfassend muss ich sagen, dass die Idee ein durchgestaltetes Programm zu buchen auf den ersten Blick vielleicht auf den ein oder anderen stressig wirken kann, es aber gerade mit Kindern, sehr entspannend ist. Die Kinder haben immer ein Angebot, finden zudem in der Regel auch Anschluss und keiner kann sich über Langeweile beschweren. Gleichzeitig muss auch niemand bei allem mitmachen und zwischen allen „Terminen“ ist immer auch genügend Zeit, um sich auch mal zurück zu ziehen. 

Als Eltern ist man demnach auch völlig raus aus der Aufgabe sich immer eine Beschäftigung auszudenken, anzuleiten oder zu begleiten. Die Kinder sind versorgt. Für uns war es vor allem sehr angenehm, da tatsächlich alle 4 Kinder mit dem Angebot glücklich und zufrieden waren. Nun hängt es immer ein bisschen vom Zufall ab, wer die Familienfreizeit bucht, aber wir trafen auf Familien mit Kinder im Alter zwischen 3 Jahren und 16 Jahren. 

Mir hat außerdem sehr gefallen, dass ich keine Mahlzeiten planen, nicht einkaufen, nicht kochen und nicht putzen musste. Und durch das ganze mit Herzblut und gut vorbereitete Angebot war ich völlig raus aus meinen üblichen Alltagsgedanken. Das fand ich sehr wohltuend. Somit stresst mich auch überhaupt nicht, dass die Tage recht früh begannen.

Was ich auch toll fand, dass die großen Kinder sich an manchen Abenden noch mit den anderen Kindern auf dem Gelände der Jugendherbere treffen konnten und dann irgendwann aufs Zimmer zurück kamen. Sie hatten sozusagen späten Ausgang auf sichererem Terrain und gingen überwiegend selbstständig ihrer Wege.

Wir sind nun voller positiver Eindrücke zurück und ich freue mich sehr, dass es den Kindern sehr gut gefallen hat. Sogar so gut, dass sie alle Vier nächstes Jahr unbedingt wieder mitmachen wollen. Wir lernten auch ein paar Familien kennen, die schon zum wiederholten Mal an der Zirkus-Familienfreizeit mitmachten und schon einige Erfahrungen und Fertigkeiten mitbrachten.

Besonders empfehlen kann ich die Jugendherberge und auch speziell die Familienfreizeit für Menschen mit Behinderung. Die Herberge ist barrierefrei und auch im Angebot der Zirkus-Familienfreizeit werden die unterschiedlichen Voraussetzung mitgedacht. Das bereicherte diese Familienfreizeit ungemein. Große und kleine Menschen mit und ohne Behinderung hatten eine wundervolle Zeit und diese zeigte die Möglichkeiten gelungener Inklusion.


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Zur Autorin

Beatrice Confuss schreibt unter ihrem Spitznamen auf dem gleichnamigen Blog beatrice-confuss.de seit Jahren über das Großfamilienleben mit vier Kindern. Zwischen den Alltagsgeschichten berichtet sie immer wieder gerne über gelungene Unternehmungen und Reisen mit Kindern.


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