Querelen und Professionalisierung

Gerade während der Konsolidierungsphase kam es mit der Zentrale zu häufigen Zwistigkeiten. Querelen über Kleinigkeiten, wie die Größe des Herbergsbuches, bestimmten den Alltag der Verantwortlichen. Der Schriftverkehr drehte sich um Mitgliederwerbung, die Akzeptanz von Preisen beim Erwerb von Heeresgerät, die Übernahme von Reisekosten und Ähnliches. Allein die Abstimmungen für das Verzeichnis der Jugendherbergen zogen sich mit seitenlangen Korrekturen in die Länge. 1922 schrieb Nägele an Münker „Ich bin von der Korrektur mit ihren tausend Krittlichkeiten so erschöpft, dass ich eine zweite nicht machen möchte…“

Daneben ging es natürlich um Vereinsmodalitäten. In Schwaben waren nach der offiziellen Gründung noch längst nicht alle Formalitäten geklärt. Münker beharrte auf der Klärung von Formfragen, Nägele wollte „der Sache ihre Entwicklung gönnen“. Münker bestand auf die Bildung eines eigenständigen Zweigausschusses, während Nägele eine Arbeitsgemeinschaft aus Schwäbischem Albverein und Württembergischem Schwarzwaldverein bevorzugte.
Die Beitragsspender wurden in Schwaben offiziell nicht als Mitglieder bezeichnet – waren dies aber faktisch, da sie bei Versammlungen die „Gelegenheit zu Erörterungen wie zu Wahlen“ hatten. Bereits 1920 hatte Münker geklagt, dass Nägele und der Vorsitzende des Schwarzwaldvereins, Prof. Dr. Endriß, persönlich durchaus bereit seien, den Zweigausschuss Schwaben demokratisch zu organisieren, ihre Mitentscheider die Jugendherbergsvereinigung „aber durchaus als Anhängsel der Gebirgsvereine bewahren wollten“. Erst 1923 konnte Nägele den bisherigen „Spendern“ vorsichtig verdeutlichen, dass sie faktisch „Mitglieder“ waren.

Die Entwicklung in Schwaben wurde zusätzlich verkompliziert, weil sich das Verhältnis zum Mitbegründer, dem Württembergischen Schwarzwaldverein unter dem Nachfolger von Prof. Dr. Endriß, schwierig gestaltete. 1920 schrieb Nägele an Münker, dass der Nachfolger von Prof. Endriß permanent Geschäftsordnungsfragen aufwerfe, um den Schwarzwaldverein „gegen die bösen Absichten des Albvereins sicher zu stellen...“ Am 24.1.1922 forderte Münker Nägele in klaren Worten auf, „die Ehe mit dem Schwarzwaldverein aufzugeben“ und einen selbständigen Zweigausschuss zu gründen. Nägele konnte sich dazu aber nicht entschließen.
1926 wurde vermerkt: „Der Württ. Schwarzwaldverein hat heuer wieder nur 100 [Mark] verwilligt. Der schwäbische Albverein dagegen hat die ganze Geschäftslast für die Jugendherbergen auf sich genommen.“ Es erschienen zu Beginn der 1920er Jahre keine Vertreter des Schwarzwaldvereins bei Einweihungen mehr. Erst 1926 findet sich in einer Ausgabe der „Blätter des Schwäbischen Albvereins“ der Hinweis, dass der Präsident des Württembergischen Schwarzwaldvereins in einer Rede bedauert habe, dass die weitere Beteiligung leider nicht durchzuführen gewesen sei.

Auch in Baden lief nicht alles glatt. Der badische Geschäftsführer, Lehramtspraktikant  Hoßner, war nicht unumstritten. Als er 1923 ausschied, weinte ihm Münker „keine Träne nach.“ Im Zweigausschuss Odenwald unter der Führung von Direktor Kissinger kriselte es 1923. Die Anzahl der Mitglieder war unklar und es gab keine Möglichkeit, die Mitgliederzeitschrift zuzustellen. Der badische Verband versuchte, die Jugendherbergen in Nordbaden in seinen Verband zu übernehmen. Broßmer bat Kissinger in diesem Zusammenhang zu einer mündlichen Verhandlung, worauf Kissinger seinen Rücktritt erklärte. Dazu schrieb Münker lapidar: „Die Jugend und die JH-Sache werden seinen Rücktritt nicht beweinen.“ Die nordbadischen Jugendherbergen wurden in den badischen Verband aufgenommen.

Ein großer Schritt für den schwäbischen Verband war die Bestellung des jungen Zollbeamten Erwin Römmele zu Beginn des Jahres 1923 – dem Titel nach als Rechner und Kassier, faktisch aber als Geschäftsführer. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Geschäftsstelle in Tübingen „durch das Vorhandensein eines Schreibfräuleins“ ausgezeichnet. Römmele arbeitete mit größtem Engagement ehrenamtlich – in der kommenden Zeit kämpfte Münker vergeblich für seine Beurlaubung vom Staatsdienst und die Übernahme der Gehaltskosten. Allerdings ohne nachhaltige Unterstützung Nägeles. 
Römmele trieb die Gründung der damals unverzichtbaren Ortsgruppen voran. Er ließ das „unentwirrbare Knäul“ des Bettenlagers räumen, um den Bestand festzuhalten und wünschte sich sehnlichst eine Schreibmaschine, deren Anschaffung aber zu teuer war (Zur besseren Entzifferung von Römmeles Briefen wäre es wirklich erfreulich gewesen, wenn Römmele diese Schreibmaschine auf irgendeine Weise verschafft worden wäre…). Römmeles Beurlaubungsgesuch scheiterte, und so musste er sich wieder auf seinen Hauptberuf konzentrieren, zumal bei seinem „lieben Fraule ein freudiges Ereignis erwartet“ wurde.
Im Herbst 1924 übergab er die Geschäfte an seinen hauptamtlichen Nachfolger, Otto Schairer, der aber in erster Linie als Geschäftsführer des Albvereins tätig werden sollte. Otto Schairer führte ein strenges Regiment für die Ortsgruppen ein – vor allem in finanzieller Hinsicht.
In Baden stellte der Staat 1924 einen Lehrer komplett für die Tätigkeit als Geschäftsführer frei. 

Die Geschäftsstelle des schwäbischen Verbandes wurde immer professioneller. Der Sitz des schwäbischen Verbandes war von 1919 bis Mai 1934 in Tübingen: zunächst in Nägeles Privathaus in der Gartenstraße 25 und ab 1926 im neu erbauten Geschäftshaus des Schwäbischen Albvereins in der Gartenstraße 23. Im Dritten Reich erfolgte die Verlegung nach Stuttgart in die Kronenstraße 32/II.
Aus dem Verkaufserlös des Hauses in der Gartenstraße, das Nägele zu gleichen Teilen dem Schwäbischen Albverein und dem schwäbischen Jugendherbergsverband vermachte, wurde zunächst die Geschäftsstelle in der Urachstraße in Stuttgart angekauft. Als diese im Rahmen der Fusion im Jahr 2000 zu klein wurde, mietete der schwäbische Verband Räume in der Schwieberdinger Straße in Stuttgart an. Das Geld aus dem Verkauf der Geschäftsräume in der Urachstraße floss in den Kauf der heutigen Geschäftsstelle des Landesverbandes im SpOrt in Stuttgart, wo die beiden ehemaligen Geschäftsstellen Karlsruhe und Stuttgart unter einem Dach zusammen kamen.

Zwischen den verschiedenen Verbänden herrschte nicht immer Einigkeit. Vor allem über das Thema des Mitgliedsausweises konnte lange keine Einigung erreicht werden. Erst im März 1923 wurde bei der Verbandsversammlung in Altena für ganz Deutschland die Einführung des Bleibenausweises für Jugendliche beschlossen (1924 hatte man aus einem Jahr Erfahrung gelernt und führte den gestempelten Lichtbildausweis ein). Dies war auch eine Folge davon, dass zwischen den Herbergsfreunden und den Herbergsbenützern geschieden werden sollte.
Mit den angrenzenden Verbänden herrschte ebenfalls immer wieder Unstimmigkeit: Bayern wünschte, dass die Geschäftsstelle in Schwaben die Vertrauenswürdigkeit derjenigen, die in Bayern Aufnahme zu finden wünschten, einzeln bestätigte, während der Landesverband Schwaben ungeniert die Jugendherberge Lindau zu den seinen zählte.

Aus dem September 1923 liegt das erste Schreiben vor, das einen Kontakt zwischen dem schwäbischen und dem badischen Verband bezeugt. Es ist interessant, dass es keine persönliche Anrede trägt, sondern nur „an den Zweigausschuss Baden der Deutschen Jugendherberge[n]“ gerichtet ist. Darin bedauerte Nägele, dass aus einem geplanten Treffen nichts geworden sei, weil man sich über die Zugehörigkeit einiger Herbergen, „die Sie als badische aufführen“ – also vor allem auch über das abzuführende Geld – zu verständigen gehabt hätte. Außerdem beschwerte sich Nägele, dass Gäste ohne jeglichen Ausweis aufgenommen worden wären. Baden führte den allgemeinen Bleibenausweis erst 1924 ein.

Nach der Inflation stiegen die Ansprüche an die Einrichtung einer Jugendherberge: Aus der Strohschütte wurde die Matratze, der Nagel an der Wand wurde zum Schrank. 1923 erreichten die ersten Beschwerden über mürrische und schimpfende Herbergsväter den schwäbischen Verband (Aber auch ein gütiger Herbergsvater findet Erwähnung, der auf eine Wandergruppe bis 1 Uhr nachts gewartet habe). Darauf Nägele: „Wenn die Jugend Ansprüche macht, wie hier, so kann mir die ganze Sache gestohlen“ bleiben.

Das Jugendherbergswerk fand immer mehr Anhänger. Beim großen Wanderführerlehrgang im April 1925 kamen einige hundert Lehrer ein Wochenende lang zusammen, um Vorträgen zum Thema „Die Erziehungs- und Bildungswerte des Jungwanderns“ zu hören.
Im Sommer 1924 präsentierten sich die schwäbischen Jugendherbergen groß auf der Bauausstellung in Stuttgart und erschlossen so neue Unterstützergruppen.

Der badische Verband gab im September 1924 sein erstes eigenes Mitteilungsblatt heraus – den späteren „Jugendherbergsboten“.
Mit großem Stolz verkündete Eugen Nägele im September 1930 das erstmalige Erscheinen des „Schwäbischen Gaublatts für Deutsche Jugendherbergen“ – es blieb die einzige Ausgabe.

1926 gab es nicht nur getrennte Schlafräume, sondern mancherorts, wie in Oberlenningen, gleich zwei verschiedene Unterkünfte für Mädchen und Jungen. Alkohol- und Rauchverbot wurden streng durchgesetzt: „Wer in der JH raucht oder Alkohol zu sich nimmt, ist rücksichtslos hinauszubefördern…“.

Die Führung des Zentralverbandes, des „Reichsverband für deutsche Jugendherbergen“, wurde Ende der 1920er straffer organisiert. Die Baupläne für Eigenheime der Gaue mussten  der Beratungsstelle des Verbandes vorgelegt werden; bis 1930 sollte der Schlafsack- oder Wäschezwang überall durchgesetzt und die Jugendherbergsflagge mit dem Dreieckszeichen des Jugendherbergswerkes überall aufgezogen werden, um den Einheitsgedanken des Jugendherbergswerkes besonders hervorzuheben.

Bis 1930 hatten sich die Jugendherbergen vom improvisierten Strohlager zum praktisch eingerichteten Neubau gewandelt; die meisten Notherbergen wurden nach und nach durch neue Häuser ersetzt. Die Eigenheime standen meist in reizvollen Landschaften, etwas außerhalb des Ortes gelegen.

1931 wurde die Jugendherberge „Otto-Moericke-Turm“ in Konstanz eingeweiht. Sie wurde nach dem Konstanzer Oberbürgermeister Otto Moericke benannt, einem Freund und Förderer der Jugend, der seinen Stadtrat überzeugt hatte, auf Kosten der Stadt im Wasserturm 11 Schlafräume mit 250 Betten einzurichten. Genau wie die Jugendherbergen in Dilsberg und auf Burg Wildenstein ist die Jugendherberge noch heute Teil der Jugendherbergen in Baden-Württemberg.

Amüsant sind aus der Rückschau die häufigen Namensänderungen, denen sich die Verbände in den ersten Jahren nach ihrer Gründung unterzogen: Aus den 1910 erdachten „Volksschülerherbergen“ wurden 1911 „Deutsche Schülerherbergen“ für Schüler aller Schularten. 1912 war zum ersten Mal die Rede von „Jugendherbergen (S.G.V)“, und 1913 fand Richard Schirrmann schließlich mit den „Deutschen Jugendherbergen“ die endgültige Bezeichnung.
Der schwäbische Verband firmierte bei seiner Gründung 1919 unter „Schwäbische Jugendherbergen, Landesvereinigung für Schwaben im Anschluss an den Hauptausschuss für Deutsche Jugendherbergen.“. 1921 erfolgte die Umbenennung in „Schwäbische Jugendherbergen, Zweigausschuss Schwaben des Verbandes für Deutsche Jugendherbergen“. 1922 behielt Münker in Zeiten großer Knappheit sogar bestellte Werbeaufrufe zurück, weil sie aus Versehen die Unterschrift „Zwa Schwaben“ (Zweigausschuss Schwaben) statt „Schwäbische Jugendherbergen“ trugen. Ab 1927 hieß der Verband „Gau Schwaben e.V. („Schwäbische Jugendherbergen“) im Reichsverband für Deutsche Jugendherbergen e.V.“
Die Namensgeschichte des badischen Verbandes ist nicht viel einfacher. Gegründet als „Gau Baden im Deutschen Jugendherbergswerk“ (1920), erfolgte zunächst die Umbenennung in den „Zweigausschuss Gau Baden im Deutschen Jugendherbergswerk“ bevor die Hauptversammlung 1927 in Bruchsal beschloss, den Verband in „Badische Jugendherbergen im Reichsverband für Deutsche Jugendherbergen e.V.“ umzubenennen.