Ausbau des Herbergsnetzes

Im deutschlandweit vertriebenen „Jugendherbergen – Verzeichnis 1920“ wurden die ersten Jugendherbergen im heutigen Verbandsgebiet aufgeführt. Die ersten Ortsgruppen gründeten sich ebenfalls noch in diesem Jahr.
Nägele hatte in den "Blättern des Schwäbischen Albvereins" nicht nur zur Spende, sondern auch zur Gründung von Jugendherbergen aufgerufen. Diesem Aufruf wurde häufig gefolgt: Bereits im Sommer 1919 hatten Tübingen, Mergentheim und Heilbronn den Betrieb aufgenommen.  Göppingen, Kirchberg, Köngen, Neuenbürg, Oberreichenbach, Reutlingen, Sulz, Tailfingen, Tuttlingen und Wildbad waren ausgestattet worden. Besonders stolz war der Verband darauf, die Schneeschuhhütte auf dem Kniebis anbieten zu können.
1920 erschien das erste Verzeichnis der schwäbischen Jugendherbergen, in dem 24 Jugendherbergen mit 428 Betten aufgeführt wurden.

Im Sommer 1920 gingen auch die ersten Jugendherbergen in Baden in Betrieb: Gengenbach, Lahr, Meersburg, Villingen, Ferienheim Falkau, Rinken und Pforzheim. Sobald die ersten Häuser bereit waren, wurde im Amtsblatt des badischen Ministeriums des Kultus und des Unterrichts die erste Herbergsliste veröffentlicht. Das erste badische Verzeichnis konnte 1921 mit 31 Jugendherbergen publiziert werden.

Für das Herbergsverzeichnis wurde 1921 bei den Herbergsleitern, die den Herbergsvätern vorstanden, ein regelrechter Fragebogen vorgelegt, bei dem unter der Frage nach der „Abendkost“ die Erklärung angehängt war: „oft werden 2 Teller Zusammengekochtes gegeben“. Ansonsten wurde unterschieden in „Betten“, „Matratzen oder Strohsäcke“ und „Stroh- oder Heulager“. Relevant als „am Ort vorhanden“ waren „Brausebad“, „Luftbadeanstalt“ und „Katholische Kirche im Ort“.
Bei der „Luftbadeanstalt“ handelte es sich um die seit Beginn des 20. Jahrhunderts populären  Luftbäder (1905 existierten 105 im deutschen Reich), in denen man sich vollständig entkleiden durfte. Viele der Nutzer waren Anhänger der Lebensreform-Bewegung, die zur Rückkehr zu einer „naturgemäßen Lebensweise“ aufriefen und „Lichtbäder“ und sportliche Betätigung an der freien Luft – selbstverständlich unbekleidet – als Heilmittel gegen Krankheiten und Zivilisationsschäden priesen.

So stolz die Zahl der Jugendherbergen der noch jungen Verbände scheint, war hinter den Kulissen noch vieles im Argen. Die Jugendherbergsstandorte waren oft nur kurzfristig gültig – bis sie im Verzeichnis erschienen, waren die ersten Unterkünfte bereits wieder geschlossen, weil die zur Verfügung gestellten Räume für andere Zwecke benötigt wurden. Manche Jugendherbergen mussten, wie die erste Jugendherberge in Schwenningen, „infolge widerlicher Verhältnisse wieder aufgegeben werden“.

1922 erwarb der badische Verband ein kleines Straßenwärterhäuschen in Obersimonswald bei Waldkirch vom badischen Staat als erstes Eigenheim. Im September 1924 pachtete der Verband den Torturm auf dem Dilsberg für 10 Jahre, um eine Jugendherberge einzubauen.

Der erste Eigenbau des badischen Verbandes wurde durch den engagierten Einsatz des Lehrers Karl Langer im kleinen Reisenbach bei Mudaugebaut. Die folgerichtig „Karl-Langer“ genannte Jugendherberge wurde am 18. Juli 1926 eingeweiht – finanziert durch mühevoll aufgebrachte erforderliche Eigenmittel, staatliche Zuschüsse und ein Darlehen als Hypothek. Den größten Verdienst am Bau von Eigenheimen in Baden hatten die staatlichen Behörden. Der Vorsitzende Broßmer scheute keinen Bittgang, um die benötigten Mittel zu beschaffen. Wenig später erwarb der Verband auf dem Sohlberg bei Ottenhöfen ein landwirtschaftliches Anwesen, um es als Eigenheim einzurichten – inklusive 9 Morgen Wiesen und Feld, einer Kuh und 3 Ziegen.

Auf Betreiben des nach Walldürn versetzten Karl Langer errichtete die Stadt Walldürn unter ihrem engagierten Bürgermeister Dr. Trautmann mit eigenen Mitteln und auf eigenem Boden eine Herberge, die am 28. September 1928 dem Verband vertraglich zur Benutzung als Jugendherberge überlassen wurde. Erst am 7. November 1950 ging das Haus laut Kaufvertrag endgültig in das Eigentum des Landesverbandes Baden über.

Als die Inflation 1923 ihren Höhepunkt erreichte, kostete der Mitgliedsbeitrag in Schwaben 1.500 Mark – für das erste halbe Jahr. Ende Juli wurde der Beitrag für die Mitgliedskarte auf 20.000 Mark erhöht – 2 Wochen später auf 400.000 Mark. Bei der ersten staatlich genehmigten Jugendherbergslotterie in Schwaben im Jahr 1922/23 blieben von den erwirtschafteten 104.200 Mark durch die Inflation 2-3 Pfennige übrig. Abhilfe brachte 1925 eine große Warenlotterie mit 500.000 Losen, die „glänzende Erfolge“ hatte.

In Baden fanden 1922, 1923 und 1924 Lotterien statt. Die Jugendherbergswoche des Gaues Baden im März 1923 stieß auf große Resonanz in allen Bevölkerungsschichten. Es konnte viel Geld gesammelt werden, das allerdings infolge der Entwertung ebenfalls zu Nichts zerrann. 1925/1926 folgte die erste badische Warenlotterie. Auch in den folgenden Jahren gab es immer wieder Lotterien. 1931 fand eine badische Jugendherbergswoche mit Haus- und Straßensammlungen in ganz Baden statt.

Als der badische Verband 1922 sein erstes Eigenheim eröffnete, konnte der schwäbische Verband „Schloss Wildenstein“ lediglich als Notherberge eröffnen. Der Ruf nach Eigenheimen wurde laut. Dem gegenüber standen aber die großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des schwäbischen Verbandes, weil sich die württembergischen Städte mit Zuschüssen sehr zurück hielten. Man kam sogar soweit, ein Reichsherbergsgesetz zu fordern, das die wandergewichtigen Orte zur Einrichtung von Jugendherbergen verpflichten sollte – die benötigten Räume sollten notfalls beschlagnahmt werden!

Einzelne Stifter wie Eduard Breuninger, der in Backnang eine Musterherberge nicht nur stiftete und ausstattete, sondern die Unterhaltskosten übernahm, wenn diese nicht durch Gästebeiträge gedeckt wurden, blieben eine Seltenheit. 1926 stifteten die beiden Besitzer der Papierfabrik Scheufelen in Oberlenningen zwei Wohlfahrtsbauten, von denen einer die Jugendherberge für Mädchen, der andere die für Jungen enthielt.

Am 4. April 1925 war ein großer Tag für die schwäbischen Jugendherbergen: In Schorndorf wurde der erste Eigenbau des schwäbischen Verbandes unter dem Ehrenvorsitzenden Präsident Dr. von Bälz im württembergischen Kultministerium eingeweiht. Erst in diesem Zusammenhang wurden die Vorbereitungen getroffen, den „Zweigausschuss Schwaben für Deutsche Jugendherbergen“ in das Vereinsregister eintragen zu lassen, damit die Jugendherberge in das völlige Eigentum des Zweigausschusses übergehen konnte.