Gründungsjahre

Nach vielen Diskussionen im Vorfeld luden der Schwäbische Albverein und der Württembergische Schwarzwaldverein am 20. Juni 1919 im damals sehr beliebten Stuttgarter Restaurant „Weinhaus am See“ im  „Stadtgarten, Gesellschaftszimmer Nr. 1, 1. Stock, gegen die Kanzleistraße“ zur feierlichen Gründungsversammlung ein. Die „Schwäbische[n] Jugendherbergen. Landesvereinigung für Schwaben im Anschluss an den Hauptausschuss für Deutsche Jugendherbergen“ wurden gegründet. Bei diesem Treffen waren Vertreter aus Politik, Schulbehörden, Kultministerium, Staatsregierung, Stadtverwaltung und der Wirtschaft, sowie diverse Sport- und Jugendbünde vertreten. Dr. Ing. Robert Bosch stiftete 5.000 Mark für die beiden Vereine und auch aus der Staatskasse gab es Zuwendungen.
Als Vereinsziel wurde genannt: „Die Jugendherbergen sollen auf gemeinnütziger Grundlage der gesamten wandernden deutschen Jugend, Schülern, Schulentlassenen beiderlei Geschlechts und jeglichen Standes bis zum 20. Lebensjahr eine einfache, nahezu kostenlose Übernachtungsgelegenheit als Grundlage für mehrtägiges Wandern bieten.“ Eugen Nägele wurde der erste Vorsitzende.

Im stetigen Schriftverkehr tauschten sich Nägele und Münker zeitgleich über Möglichkeiten aus, Betten, Kopfpolster oder Decken möglichst günstig zu erhalten. Im Juli 1919 erwarb Nägele zum Beispiel: 400 Bettstellen, über 800 Decken, 200 Strohsäcke und Kopfpolstersäcke, 200 Schemel, 200 Waschbecken, 40 Handtücher und 12 Tische  für 15.000 Mark.
Die Beschaffung von Ausstattungsmaterialien war in den Gründungsjahren sehr schwierig. Weil alles knapp war, wurden selbst zerschnittene Decken aufgekauft, wenn die Teilstücke nur groß genug waren. Um Diebstahl vorzubeugen, fuhr Nägele selbst nach Ulm, wo er 1000 Decken für je 10 Mark erworben hatte. Er wollte beim Einladen in den geschlossenen Wagen persönlich die Zählung vornehmen und in der Waschanstalt später nochmals nachzählen.
Nägele selbst überwachte den Versand einer Lieferung von 180 Betten zu einem anderen Verband und schilderte Münker in einem vierseitigen Brief das Durcheinander von fehlenden Bettteilen, „Umständlichkeiten mit der Ausfuhrbewilligungsstelle, noch größere wegen geschlossenen Wagens“. An einem Sonntagabend erfuhr Nägele um 6.00 Uhr, dass er für den nächsten Morgen einen Transportwagen bekommen könne. Nachts besprach er sich mit den Arbeitern, Fuhrleuten und dem Zollamt. Früh morgens war alles zur Beladung bereit, aber das Bahnhofspersonal hielt alles erst einmal durch stundenlanges Rangieren auf – fertig war man erst bei sinkender Nacht um 6.00 Uhr abends – die „Zollamtspersönlichkeit wurde allmählich mürrisch“. 1922 wurden eben diese Betten bei einer Beschlagnahmung durch die Franzosen zum großen Teil verfeuert…

Ein großes Problem war die gute Lagerung, bis das Material benötigt wurde. So schrieb Münker 1922 an Nägele, als dieser über schlechte Lagermöglichkeiten geklagt hatte: „Mäuse: Einziger Trost: Leinenstrohsäcke und Decken fressen sie auch. Also, reichlich Ersatz hinlegen.“ Aber es gab immer wieder Unterstützung: Pfaffs Nähmaschinenfabrik lagerte nicht nur 300 Betten für das Jugendherbergswerk ein, sondern zählte und überprüfte zusätzlich die Einzelteile.

In Baden ist die Entwicklung des Jugendherbergswerkes untrennbar mit Prof. Karl Broßmer verknüpft. Broßmer leitete nach einer schweren Verwundung in den letzten Kriegsjahren im Kriegsamt in Berlin den Freiwilligen Schülerhilfsdienst in der Landwirtschaft. Ein Teil der bescheidenen Entlohnung, den die Schüler für ihre Tätigkeit erhielten, wurde gesammelt, um ihn später der gesamten deutschen Jugend zukommen zu lassen. Ende 1918 nahm Broßmer mit Münker Kontakt auf, weil er dieses Geld dem im Aufbau befindlichen Jugendherbergswerk zukommen lassen wollte. Im Frühjahr 1919 bat ihn Münker schriftlich, „die Vorbereitungen für die Bildung eines Zweigausschusses für Jugendherbergen in Baden in die Hand zu nehmen.“

Broßmer wurde kurze Zeit später als Referent für Jugendpflege und Leibesübungen in das badische Ministerium des Kultus und Unterrichts (Kultministerium) nach Karlsruhe berufen und startete einen umfangreichen Werbefeldzug für die Sache des Jugendherbergswerkes. Schon nach kurzer Zeit entstanden überall Ortsausschüsse, die späteren Ortsverbände, und man begann mit der Einrichtung von Jugendherbergen. Bereits im Vorfeld der geplanten Gründungsversammlung wurden interessierte Vereinigungen informiert und die Presse für die Verbreitung des Jugendherbergsgedankens gewonnen.

Am 25. April 1920 wurde unter großer Anteilnahme mit allen erforderlichen Formalitäten der Verein „Gau Baden im Deutschen Jugendherbergswerk“ in der Aula des heutigen Bismarck-Gymnasiums in Karlsruhe gegründet. Zum ersten Vorsitzenden wurde der Hauptinitiator, Prof. Karl Broßmer, gewählt. Vereinsziel war die Einrichtung „zweckmäßiger, nahezu kostenloser Unterkunftsstätten, und zwar unter tunlichster Vermeidung des Wirtshauses. Diese Herbergen sollen das mehrtägige Wandern der Jugend, Knaben wie Mädchen, in einfachster Weise ermöglichen, damit die heranwachsenden Geschlechter Heimat und Vaterland aus eigener Anschauung kennen und liebgewinnen lernen, und der Jungbrunnen des Wanderns der Jugend aller Stände zugänglich werde zur Hebung der Volkskraft und Volksgesundheit.“ Zum Einstand erhielt der Gau Baden vom Hauptverband 200 Betten und 400 Strohsäcke aus Heeresbeständen.

Das badische Kultministerium unterstützte die Gründung sehr; stellte leere Räume aus den Lehrerseminaren zur Verfügung und gab in einem Erlass an die „Leiter und Lehrer der uns unterstellten Schulen“ die Vereinsgründung bekannt und forderte die Schulen auf, „dieses Werk tätig zu unterstützen“ – beispielsweise mit der Bereitstellung von geeigneten Räumen in der Schule. Die Bitten des badischen Vorstandes bei Vertretern der Industrie, Handel und Handwerk waren meistens erfolgreich – viele stifteten Geld oder Materialien. Die Jugendlichen selbst legten in ihrer Freizeit Hand an und halfen, die zur Verfügung gestellten Gebäude als Übernachtungsmöglichkeit nutzbar zu machen.

Der schwäbische Verband tat sich zeitgleich schwer, Zuschüsse von Seiten des Landes zu erhalten. Das Ministerium des Inneren überwies erst 1921 größere Summen aus Alkoholgeldern und das Kultministerium unterstütze den Verband mit dem Erwerb von Decken mithilfe von Reichsanleihen zu Gunsten des Verbandes.

In den 1920er Jahren nahm das benachbarte Ausland die Jugendherbergsidee auf. In Schweden, Österreich, Holland, Schottland, England und Frankreich entstanden erste Jugendherbergen. In der Folge kam es im Oktober 1932 in Amsterdam zur Gründung des weltweiten Jugendherbergsverbandes, der „Internationalen Arbeitsgemeinschaft für Jugendherbergen“.