Auf dem Weg zur Fusion

Mit der Deutschen Wiedervereinigung kam es 1990 zum Zusammenschluss der Jugendherbergsverbände in beiden Teilen Deutschlands. Der Hauptverband teilte die neuen Verbände den alten zur Hilfestellung zu. Der badische und der schwäbische Verband bemühten sich zusammen mit dem Landesverband Bayern den neuen Landesverband Sachsen finanziell und mit Know-how zu unterstützen. Unter anderem finanzierten sie eine Ölheizung in der Jugendherberge Seyda und ersetzten dadurch eine rauchende und stinkende Braunkohleanlage, zu deren dauerhaftem Betrieb drei Personen nötig gewesen waren.
Von der Jugendherberge Tübingen aus wurden als praktische Unterstützung des sächsischen Landesverbandes Motorradfreizeiten – eine Kombination aus einer Woche Sicherheitstraining und aus einer einwöchigen Tour von Jugendherberge zu Jugendherberge – nach Sachsen durchgeführt. Die mitfahrenden Lehrer und Gruppenleiter konnten die sächsischen Jugendherbergen kennen lernen.

Beim ersten Gespräch der Landesverbände Baden und Schwarzwald-Bodensee im Jahr 1958 war erstmals die Frage nach einem Zusammenschluss aller Jugendherbergsverbände in Baden-Württemberg aufgekommen. Sie wurde damals vertagt – bis zur endgültigen Lösung 42 Jahre später. Auch der aus Südbaden kommende Vorschlag, eine Arbeitsgemeinschaft aller Landesverbände in Baden-Württemberg mit gegebenenfalls wechselnden Vorsitzenden zu bilden, wurde auf viele Jahre hinaus nicht beachtet.
Auf die offizielle Anfrage des Landesverbandes Schwaben, ob der Landesverband Baden bereit sei, mit dem Landesverband Schwaben über die Möglichkeit eines gemeinsamen Landesverbandes nachzudenken, teilte der badische Verband 1992 mit, dass für eine Fusion in Baden keine Mehrheit gefunden werden konnte. Der badische Vorstand sah keine Notwendigkeit für eine Fusion, weil beide Landesverbände wirtschaftlich gesund seien und über eine starke eigene Identität verfügen würden. Stattdessen sollte eine vielfältige Zusammenarbeit intensiviert und institutionalisiert werden.
Die Vorstände entschieden, die 75jährigen Jubiläen beider Landesverbände gemeinsam zu planen und zu feiern. Und 1995 erschien die erste alphabetisch sortierte Baden-Württemberg Broschüre mit allen Häusern der Landesverbände Baden und Schwaben – ohne eine Trennung nach Landesteilen.
Dem Wunsch nach einer Fusion wurde aber auch im folgenden Jahr noch eine klare Absage erteilt, da sie als nicht notwendig betrachtet wurde, obwohl seit Beginn der 1990er Jahre in beiden Verbänden die Übernachtungs- und Mitgliederzahlen deutlich zurückgingen. Ursachen waren unter anderem der generelle Rückgang der Fremdenverkehrszahlen in Baden-Württemberg und fehlende Mittel der öffentlichen Hand für Erholungsfreizeiten.

1995 hielt das digitale Zeitalter in den Jugendherbergen im Südwesten Einzug. In fünf Herbergen im Landesverband Schwaben gab es die ersten „Herbergscomputer-Beherberger“ – allerdings noch in der Spiel- und Testphase.

Ende 1996 hatte sich die Einstellung zur Fusion gewandelt: Die Vorstände beider Vereine einigten sich darauf, bis spätestens 2000 eine Art Dachgremium der beiden Landesverbände zu bilden, das die Außenvertretung wahrnehmen sollte. Ab 2003 sollte eine gemeinsame Geschäftsstelle gebildet werden. Parallel sollten die beiden Satzungen überarbeitet und angeglichen werden.
Anfang 1997 sprachen sich beide Vorstände dafür aus, die Fusion zu beschleunigen – der neue gemeinsame Landesverband sollte spätestens bis zum 1. Januar 2000 gegründet werden.

Um die Fusion voran zu treiben, wurden seit dem Frühjahr 1997 alle Ausschüsse von beiden Verbänden gemeinsam gebildet. Es gab Ausschüsse für Schule, Umwelt, Bau, Wirtschaft & Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit und den Herbergseltern-Ausschuss. Im März 1998 wurde mit Wolfdieter Zipf der Geschäftsführer des badischen Verbandes auch zum Geschäftsführer des Landesverbandes Schwaben bestellt. Er brachte die Fusion und die Verschmelzung der Geschäfte voran.
Ab September 1998 fanden die Vorstandssitzungen unter der wechselnden Leitung  des Vorsitzenden des badischen Landesverbandes, Dr. Friedrich Hirsch, und Knut Berberich, dem Vorsitzenden des Landesverbandes Schwaben, grundsätzlich gemeinsam statt.
Parallel dazu konnten endlich zwei Bauprojekte abgeschlossen werden, die den badischen Verband schon viele Jahre beschäftigt hatten: 1997 wurde der Neubau der Jugendherberge Pforzheim eingeweiht – der Neubau hatte sich über 10 Jahre von 1986 an hingezogen. Ähnlich war es beim Neubau der Jugendherberge Mosbach, bei dem die ersten Verhandlungen bereits 1984 gewesen waren, während die Eröffnung erst 1995 stattfinden konnte.

Die Fragen der Grunderwerbsteuerpflicht und der Zusatzversorgung der Mitarbeiter zogen die rechtliche Verschmelzung in die Länge. Die Lösung war ein Liquidationsmodell: Der Landesverband Baden gab sich die neue, gemeinsam erarbeitete Satzung und den Namen „Baden-Württemberg“ und der Landesverband Schwaben änderte seine Satzung dergestalt, dass das Vermögen des schwäbischen Verbandes bei einer Auflösung nicht an den Hauptverband, sondern an den Landesverband Baden-Württemberg übergehen würde. Dann beschloss der schwäbische Verband seine Liquidation.
In der Zeit vom 8. September 1999 bis 12. November 1999 wurden in 52 regionalen Mitgliederversammlungen die Delegierten der Mitglieder für die Mitgliederversammlung des Landesverbandes Baden-Württemberg gewählt. Nachdem in den Hauptversammlungen/Mitgliederversammlungen im September und Oktober des Jahres noch die bisherigen, getrennt gewählten Delegierten die Voraussetzung geschaffen hatten, fand am 4. Dezember 1999 die erste gemeinsame Mitgliederversammlung des Landesverbandes Baden-Württemberg in der Jugendherberge Freiburg statt; mit Wahl der Vorsitzenden und Wahlen zum Hauptausschuss und Vorstand.

Zum 1. Januar 2000 erfolgte die Fusion der beiden Landesverbände Baden und Schwaben zum Landesverband Baden-Württemberg e.V. unter dem Vorsitz von Dr. Friedrich Hirsch mit dem Ziel einer Bündelung und Stärkung des Jugendherbergsnetzes, einer gestärkten Finanzkraft, gebündelter Synergieeffekte in der Verwaltung, einem einheitlichen Auftreten in der Öffentlichkeit und einer einheitlichen Repräsentanz im Land.
Alle Jugendherbergen mussten in der Folgezeit auf den Landesverband Baden-Württemberg überschrieben werden. Manche Häuser waren im Grundbuch noch auf den Landesverband Württemberg-Hohenzollern eingetragen. Erst im Jahr 2018 wurde noch ein Waldgrundstück in der Nähe der Jugendherberge Lochen umgeschrieben, als es die Gemeinde dem Jugendherbergswerk abkaufen wollte.