Jahresbilanz bei den Jugendherbergen im Norden
26.02.2020 - Nordmark
Hamburg. Die 45 Jugendherbergen zwischen Nordsee und Ostsee sind zufrieden mit ihrem Jahresergebnis 2019: Insgesamt bleibt die Zahl der Übernachtungen auf einem konstanten Niveau von über einer Million. Der neue Geschäftsführer Stefan Wehrheim und der Vorstand stehen dennoch vor der Herausforderung, die Weichen für die Zukunft des DJH-Landesverbands Nordmark e.V. zu stellen.
Insgesamt verzeichnete der gemeinnützige Verein im Jahr 2019 knapp 1.043.000 Übernachtungen und begrüßte mehr als 345.000 Gäste in seinen 45 Jugendherbergen in Hamburg, Schleswig-Holstein und dem nördlichen Niedersachsen (davon zwei Partnerhäuser). „Damit haben wir ein überschaubares Minus von zwei Prozent eingefahren“, bewertet Geschäftsführer Stefan Wehrheim das Jahresergebnis. „Hauptsächlich führen wir den leichten Rückgang auf unsere verstärkten Bautätigkeiten zurück.“ Vor allem die beliebte Küsten-Jugendherberge Büsum war über lange Zeiträume im vergangenen Jahr geschlossen bzw. teilgeschlossen und zählte somit etwa 16.000 Übernachtungen weniger.
Mit jeweils rund sieben Millionen Euro modernisiert der Landesverband Nordmark des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) bis 2021 seine Häuser in Büsum und Wittdün auf Amrum. Gefördert werden die beiden Großprojekte an der Nordsee u.a. vom Land Schleswig-Holstein und durch EU-Mittel. Anfang April wird die Jugendherberge Büsum nun in Teilen wiedereröffnet. Die Herberge in Wittdün ist derzeit geschlossen und wird seit Ende September 2019 saniert. Auf das Jahr 2019 gerechnet investierte der Landesverband ca. 8,6 Millionen Euro in Bauten und Wertverbesserungen von 27 Jugendherbergen.
Übernachtungsentwicklung in den Bundesländern
In den drei Bundesländern, in denen der DJH-Landesverband Nordmark e.V. aktiv ist, erzielte er folgende Ergebnisse:
Hamburg: 167.719 Übernachtungen (- 4,3 %), 67.560 Gäste
Schleswig-Holstein: 778.251 Übernachtungen (- 1,1 %), 246.458 Gäste
Niedersachsen: 96.810 Übernachtungen (- 5,4 %), 31.360 Gäste
Individuelle Übernachtungsrekorde im Vergleich der vergangenen fünf Jahre feierten vor allem die frisch modernisierten Jugendherbergen Bad Malente (28.725 Übernachtungen) und Heide (20.356). Doch auch den Jugendherbergen Flensburg (18.826), Kappeln (23.469), Mölln (19.152), Schönberg (18.765) und Ratzeburg (34.386) darf man zu einem Fünf-Jahres-Hoch gratulieren. Leichte Übernachtungsrückgänge wurden neben den baubedingt geschlossenen Häusern an wettbewerbsintensiven Standorten wie Hamburg, Kiel, Lübeck und auf der Nordsee-Insel Sylt festgestellt.
Familien und junge Seminargruppen erobern die Jugendherbergen
Mit Blick auf die aktuellen Nutzergruppen von Jugendherbergen lässt sich im Norden ein klarer Trend ablesen: Seit Jahren fahren immer mehr Familien und junge Tagungsgruppen in die oft ausgezeichnet gelegenen DJH-Häuser. Seit 2016 überschritten die Familien 2019 erstmals wieder die Marke von 200.000 Übernachtungen, so dass sie derzeit fast 20 Prozent der Gäste ausmachen. Rund 17,5 Prozent belegen junge Tagungsgruppen (z.B. Vorbereitungsseminare für Auslandsaustausch oder Azubi-Workshops) im Zielgruppenmix von Jugendherbergen. Am häufigsten kommen nach wie vor Schulklassen (knapp 41 Prozent), jedoch konnten aufgrund eines ungünstigen Feiertags- und Ferienkorridors etwas weniger Klassenfahrten als im Vorjahr verzeichnet werden (2018: 43,8 Prozent).
Ebenso stabil wie die Nutzergruppen entwickelten sich auch die Mitgliedschaften. Der Landesverband Nordmark e.V. zählte zum Jahresende 2019 gut 191.700 Mitglieder. Auch hier wuchs die Zahl der Familien. Junioren (14-26 Jahre) gibt es nun etwas weniger im Verein. Dafür bleiben die körperschaftlichen Mitglieder (vor allem Vereine und Schulen) auf konstant hohem Niveau.
Jubiläumsjahr mit großem Festival in Hamburg
Die bundesweit annähernd 2,5 Millionen DJH-Mitglieder dürfen sich 2020 auf viele spannende Aktionen rund um das Jubiläum „111 Jahre Jugendherberge“ freuen. Das Highlight findet am 22. August 2020 in Hamburg statt: Dann lädt das Deutsche Jugendherbergswerk insgesamt 1.111 Mitglieder zum großen Familienfestival auf der Horner Rennbahn direkt neben der dortigen Jugendherberge ein. Parallel findet ein Blogger-Event rund um das Thema Musik statt. Während des gesamten Jubiläumsjahrs lockt der Verband mit besonderen Reiseangeboten wie dem 111-Jahre-Special, einem Familienwochenende für 111 Euro. Außerdem räumt er unter dem Motto #andersalsdudenkst mit Vorurteilen auf – zu Jugendherbergen aber auch zu gesellschaftlichen Vorurteilen, die es zu überwinden gilt. Schließlich setzt sich das Deutsche Jugendherbergswerk seit 111 Jahren für Werte wie Toleranz und Diversität ein.
Werte erlebbar machen
Die Werte des DJH bleiben für den nördlichsten Landesverband handlungsleitend. So verfolgen Geschäftsführer Wehrheim und sein Team das übergeordnete Ziel, Werte wie nachhaltige Bildung, Inklusion und interkulturelle Gemeinschaft in ihren Jugendherbergen ganzheitlich erlebbar zu machen. Der Leitgedanke „Gemeinschaft erleben“ soll sich auch weiterhin in allen Aspekten – von Ausstattung und Design bis hin zur Programmgestaltung – widerspiegeln und ein gleichzeitig zeitgemäßes und unverwechselbares Angebot bieten. Hier möchte Wehrheim die Balance zwischen Tradition und Moderne halten: „Es gilt, Gutes zu bewahren, aber dennoch frischen Wind reinzubringen“, so der 37-Jährige. Letzteres passiert auf der personellen Ebene derzeit fast automatisch. Nicht nur Stefan Wehrheim ist neu in der Rolle des Geschäftsführers, auch die Herbergselternschaft verjüngt sich. Viele langjährige Herbergsleiter/innen gehen momentan in Rente. Eine jüngere Generation rückt nach.
Jugendherbergen machen sich fit für die Zukunft
Auf wirtschaftlicher Ebene gibt es zahlreiche Einflussfaktoren, die Wehrheim im Fokus hat. „Natürlich beobachten wir stetig aktuelle Entwicklungen wie den Boykott von Klassenfahrten in Niedersachsen und beteiligen uns an der Diskussion um die Verteilung der Ferienzeiten. Auch die Erreichbarkeit von Sylt haben wir im Blick. Denn all diese Faktoren haben auch Auswirkungen auf unsere Buchungssituation“, schildert der Norddeutsche.
Demgegenüber stehen Themen, die der Landesverband Nordmark selbst beeinflussen und gestalten kann. Hier zeigt sich Stefan Wehrheim entschlossen: „Diese Aufgaben wollen wir anpacken.“ Dazu gehören Stellschrauben wie die Personalgewinnung und -qualifizierung sowie bauliche Herausforderungen. Die teils langjährigen Bestandsgebäude des gemeinnützigen Vereins müssen instandgehalten und modernisiert werden. Hier muss gemeinsam mit dem Vorstand analysiert und hinterfragt werden, ob und wie diese erhalten bleiben können und trotzdem dem zeitgemäßen Gästeanspruch gerecht werden. „Der Handlungsdruck ist höher als das, was wir aktuell investieren können“, sagt Wehrheim. Daher müssen sogar einige bereits geplante Projekte verschoben werden. „Wir werden um einige strukturelle Veränderungen nicht herum kommen, um fit für die Zukunft zu sein“, so der Geschäftsführer. Doch Wehrheim gibt sich optimistisch: „Ich bin mir sicher, dass wir gute Wege für die Jugendherbergen im Norden finden werden, um auch in Zukunft tolle Klassenfahrten, Familienurlaube und Ferienfreizeiten anbieten zu können.“
Bild: DJH-Landesverband Nordmark e. V.