Nachdem die Jugendherbergen des DJH-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V. im Jahr 2019 ein Rekordübernachtungsergebnis und 6,4 % Übernachtungswachstum verzeichneten, fiel die Zahl der Übernachtungen im Krisenjahr 2020 um zwei Drittel. Mit 124.609 Übernachtungen von rund 33.295 Gästen schloss der Verband das Jahr 2020 ab.
Grund hierfür war der Zusammenbruch des Kinder- und Jugendreisemarkts in Folge der Corona-Pandemie durch Lockdowns, Reiseverbote für Schulklassen und Jugendgruppen sowie großer Verunsicherung dieser Kernzielgruppen.
Insgesamt wurde das Segment Kinder- und Jugendreisen in Mecklenburg-Vorpommern von der durch die Corona-Pandemie bedingte Krise weitaus härter getroffen, als die gesamte Tourismusbranche: Das Statistische Amt Mecklenburg-Vorpommern verzeichnet für das Jahr 2020 einen Rückgang von -18% der Übernachtungen der gesamten touristischen Unterkünfte im Land im Vergleich zum Vorjahr. Für das Segment Jugendherbergen und Hütten, bestehend aus 99 Kinder- und Jugendübernachtungsstätten - von denen 14 vom DJH-Landesverband M-V betrieben werden (Stand 2020) - lag der Rückgang bei -57%.
Die folgenden Angaben basieren auf den Gäste- und Übernachtungszahlen in den Jugendherbergen, die der DJH-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. selbst betreibt (für 2020: 14 Standorte).
Gegenüber den Vorjahren - und vor allen Dingen gegenüber dem Rekordjahr 2019 - zeigt sich anhand der Übernachtungs- und Auslastungszahlen 2020, wie stark die Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern von der Stornierungswelle bereits fest gebuchter Schulfahrten und Jugendreisen seit März 2020 getroffen wurden. Nur rund ein Drittel der Übernachtungen des Vorjahres konnten erzielt werden. Vor Beginn der Pandemie waren bereits 70% der zu erwartenden Übernachtungen fest gebucht, von denen die Mehrzahl pandemiebedingten Stornierungen zum Opfer fiel.
Durch das Krisengeschehen entfiel fast die Hälfte der noch zu Saisonbeginn vorhandenen Vorbuchungen für das Geschäftsjahr 2020: Nur rund 65.000 Übernachtungen blieben von den zu Jahresbeginn vorhandenen Buchungen bestehen. Ungefähr 24.000 Übernachtungen wurden in das Jahr 2021 umgebucht. Innerhalb des Jahres 2020 wurden ca. 35.000 Übernachtungen auf das zweite Halbjahr umgebucht. Nur 36.000 Übernachtungen wurden innerhalb des Jahres 2020 neu gebucht. Diese konnten nur einen sehr geringen Anteil der weitaus höheren Übernachtungsverluste ersetzen.
*Die Anzahl und zugehörigen Zeiträume der geöffneten Jugendherbergen in 2020 gestalten sich entsprechend der Teilöffnungsstrategie 2020 wie folgt:
01. Januar - 18. März (Lockdown)
sämtliche Ganzjahreshäuser regulär geöffnet: JH Burg Stargard, JH Waren, JH Güstrow, JH Greifswald, JH Stralsund, JH Warnemünde, JH Binz, JH Heringsdorf, JH Wismar
langes Pfingstwochenende:
JH Prora, JH Heringsdorf, JH Warnemünde
22. Juni - 31. Oktober (Lockdown ab November):
JH Prora, JH Heringsdorf, JH Warnemünde, JH Born-Ibenhorst, JH Stralsund
Juli + August:
JH Sellin, JH Wismar
Berücksichtigt sind hier Übernachtungs- und Auslastungszahlen der 14 landesverbandseigenen Jugendherbergen. Dabei wird die Auslastung über das ganze Jahr 2020 hinweg wiedergegeben, auch wenn Häuser in 2020 vorübergehend pandemiebedingt oder aufgrund der Teilöffnungsstrategie des Verbands nicht geöffnet waren. Die Zahl in den Balken gibt die Anzahl der an der Übernachtungsentwicklung beteiligten Häuser an. Ab 2014 ändert sich die Berechnungsgrundlage für die Bettenauslastung. Die bei der Auslastungsberechnung berücksichtigte Bettenanzahl wird bei nicht ganzjährig geöffneten Jugendherbergen auf einen durchschnittlichen Jahreswert korrigiert.
Seit 2013 waren die DJH-Mitgliederzahlen in Mecklenburg-Vorpommern stetig gewachsen. Im Pandemiejahr 2020 sanken sie um insgesamt 6,9 %. Viele Kündigungen waren durch touristische Reiseverbote und Lockdowns bedingt. In diesen Phasen hatte die Mitgliedschaft wenig persönlichen Nutzen, weil die Corona-Pandemie die sonst unbeschränkte Nutzbarkeit der Jugendherbergen verhinderte.
Auffällig jedoch ist, dass die Mitgliederzahlen von Schulen und Vereinen nur um 5,7 % sanken, während die Mitgliederzahlen von Familien und Einzelreisenden um 20 % sanken. Das zeigt: Obwohl die Reisefähigkeit von Schulen und Jugendgruppen im Pandemiejahr am stärksten eingeschränkt war und diese damit den geringsten Nutzen von der Mitgliedschaft hatten, behielt der Großteil die Mitgliedschaft bei. Dies spricht ein weiteres Mal für die gelungene Kundenbindung trotz Pandemie. Zum anderen zahlte sich hier aus, dass der DJH-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern durch Kooperationen und Partnerschaften mit Schulen und Vereinen vor Ort die Nähe zu den einschlägigen Kernzielgruppen in den Vorjahren stetig ausgebaut hatte. Im Pandemiejahr wurde die Pflege dieser Partnerschaften fortgesetzt, was zur Verbundenheit mit dem DJH durch die Krise hindurch beitrug.
Die dramatische Bilanz 2020 erklärt sich vor allem aus dem Rückgang in den Kernzielgruppen Schule und Jugendgruppe, die unten stehend in den Unterzielgruppen Freizeitgruppe, Sportgruppe, Musikgruppe, Seminare, Menschen mit Beeinträchtigung, Fach- und Hochschulen sowie Kindergärten aufgeschlüsselt sind.
Betrug der Anteil der Übernachtungen von Schulklassen im Jahr 2019 noch 28,6 %, fiel dieser in 2020 mit 6,1 % auf einen verschwindend geringen Wert. Der Anteil von Jugendgruppenreisen fiel von 31% in 2019 auf 17,7 % in 2020. In absoluten Zahlen fiel die Anzahl der Übernachtungen von Schulen in 2020 um 93% im Vergleich zum Vorjahr und die Anzahl von Übernachtungen von Jugendgruppen um 80 % im Vergleich zum Vorjahr.
In den Anteilen von Familien- und Individualgästen für 2020 zeigt sich im Verhältnis zum Gesamt-Übernachtungsergebnis, dass sich für einschlägige Kinder- und Jugendreiseanbieter wie den DJH-Landesverband M-V Verluste im Kernsegment nicht einfach durch andere Zielgruppen ersetzen lassen: Obwohl der Anteil von Übernachtungen von Familien und Einzelgästen von rund 40 % in 2019 auf rund 75 % in 2020 stieg, verzeichnete der Verband nur rund 1/3 der Übernachtungen des Vorjahres.
In den Vorjahren hielten stets die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, gefolgt von Brandenburg, die Spitzenposition bei den Quellmärkten. Diese rücken 2020 zugunsten von Sachsen je einen Platz nach unten. Ursache hierfür kann sein, dass sich Übernachtungen aus den unmittelbaren Nahbereichen Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg zu einem großen Teil aus solchen von Schulen und Jugendgruppen zusammensetzen, die 2020 zum Großteil wegfielen.
Baden-Württemberg und Bayern rücken erstmalig in die Top 10 der Quellmärkte auf. Dies ist durch den Effekt bedingt, dass Auslandsreiseziele für Familien in 2020 wegfielen. Ein positiver Effekt, der ggf. jedoch nicht von Dauer ist, da traditionelle Auslandsreiseziele langfristig wieder zur Verfügung stehen werden. Ein weiterer Grund für die Verschiebungen zugunsten der Bundesländer Sachsen, Baden Württemberg und Bayern könnte die föderale Zuständigkeit in der Pandemiebekämpfung sein. Diese hat in den Ländern zu sehr unterschiedlichen Corona-Regeln und in Folge dessen zu einem neu gefundenen Reiseverhalten der Zielgruppen geführt.
Mit dem Lockdown im März 2020 mussten die neun ganzjährig geöffneten Jugendherbergen des DJH-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V. ihre Türen schließen. Zum langen Pfingstwochenende öffneten kurzzeitig die drei Jugendherbergen Prora, Heringsdorf und Warnemünde. Nach Maßgabe der Teilöffnungsstrategie 2020 waren dann von Juli bis Oktober maximal 7 Häuser zur gleichen Zeit geöffnet, abhängig von kostendeckender Auslastung.
Zum 31.10.2020 gingen sämtliche Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern in die Winterpause, weil durch fehlende Einnahmen im Sommer keine Reserven zur erforderlichen Kostendeckung bei unzureichender Nachfrage im Winterhalbjahr vorhanden waren. Hieraus ergeben sich die unten stehenden Übernachtungs- und Auslastungszahlen der 14 Jugendherbergen des DJH-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern e. V. in 2020.
Ein Blick auf die Auslastungszahlen der geöffneten Jugendherbergen zeigt, dass die Teilöffnungs- und Umbuchungsstrategie 2020 maßgeblich zur Existenzsicherung der DJH-Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern beigetragen hat: Corona-bedingte Teilöffnungen von bis zu sieben Jugendherbergen führten in der Saison 2020 insgesamt zu einer Gesamtauslastung von 55 %. Vergleicht man diese Auslastung mit jener derselben sieben Jugendherbergen im gleichen Zeitraum des Vorjahres, wiesen diese in 2019 noch eine Auslastung von 73 % aus. Das bedeutet: Obwohl von Pfingsten bis Oktober 2020 zwei Drittel der Gäste aus den sieben nicht geöffneten Jugendherbergen auf die sieben von Pfingsten bis Oktober 2020 geöffneten Jugendherbergen umgebucht wurden, erreichten die geöffneten Jugendherbergen eine Auslastung weit unter der des Vor-Coronajahres 2019.
Die Anzahl und zugehörigen Zeiträume der geöffneten Jugendherbergen in 2020 gestalten sich entsprechend der Teilöffnungsstrategie 2020 wie folgt:
01. Januar - 18. März (Lockdown)
sämtliche Ganzjahreshäuser regulär geöffnet: JH Burg Stargard, JH Waren, JH Güstrow, JH Greifswald, JH Stralsund, JH Warnemünde, JH Binz, JH Heringsdorf, JH Wismar
langes Pfingstwochenende:
JH Prora, JH Heringsdorf, JH Warnemünde
22. Juni - 31. Oktober (Lockdown ab November):
JH Prora, JH Heringsdorf, JH Warnemünde, JH Born-Ibenhorst, JH Stralsund
Juli + August:
JH Sellin, JH Wismar
Die bei der Auslastungsberechnung berücksichtigte Bettenanzahl wird bei nicht ganzjährig geöffneten Jugendherbergen auf einen durchschnittlichen Jahreswert korrigiert. Berücksichtigt sind Übernachtungen in den 14 landesverbandseigenen Jugendherbergen.
Weiterlesen:
Erstes Krisenjahr 2020: Zusammenbruch des Kinder- und Jugendreisemarkts
6 Felder des Krisenmanagements im DJH-Landesverband M-V
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