
Mittagschlaf. Mittendrin. Mittweida.
Ich erinnere mich noch genau an den Abend, an dem ich mir die Jugendherbergen in Sachsen angesehen habe. Sieben Stück durften wir testen. Was für eine Qual sich zwischen all diesen unterschiedlichen Jugendherbergen zu entscheiden. An jedem Ort gab es etwas Einzigartiges zu sehen.
Die Jugendherberge an der Talsperre Kriebstein allerdings stand sofort als Favorit fest. Und mein Bauchgefühl hat mich - wie so selten - nicht getäuscht.
Nach anstrengenden Wochen und vielen Eindrücken fanden wir hier die Entspannung, die gerade so dringend nötig war.
Am Bahnhof Mittweida wurden wir vom Herbergsvater abgeholt und auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Alle Jugendherbergs-Mitarbeiter sind so wahnsinnig herzlich und mit vollem Herz Gastgeber.
Da fuhren wir also in unserem Transporter - praktisch, der vollbeladene Buggy musste nicht einmal zusammengeklappt werden - über grüne Wiesen, durch kleine Dörfer, vorbei an Milchkühen und freilaufenden Gänsen.
Die Vorfreude stieg. Mini-Marvel plapperte ausgelassen vor sich hin. Nach einigen Minuten Fahrt erreichten wir das Gelände der Jugendherberge. Kurzer, sympathischer Check-In und los geht´s die Herberge erforschen.
Die Lage ist vor allem eines: ATEMBERAUBEND.
Unsere Hütte - ja, eine ganze Hütte nur für uns - war direkt am Ufer der Talsperre. Enten schwammen quakend auf dem Wasser, auf der anderen Seite üppiger Wald. Es war perfekt. Mit einer Ausnahme.
Anders als die letzten Wochen der Hitze, erlebten wir einen absoluten Temperatursturz von fast 15 Grad. Nachts sanken die Temperaturen auf einstellige Werte. Aber egal, lieber frieren im Paradies als schwitzen in Plattenbauromantik. Außerdem tat es tatsächlich gut, mal wieder frische, klare Luft zu atmen.
Das Gelände der Jugendherberge ist weitläuftig und Marvel war kaum zu bremsen. Jeder Millimeter musste erforscht werden. Der Spielplatz, der Bootssteg, der Kiosk-Wagen.
A propos der Kiosk-Wagen. Liebe gute Kiosk-Fee, wenn du das liest, du bist ganz große Klasse. Marvel und ich haben dich und deine frechen Sprüche geliebt und ich muss beim Gedanken an dich immer noch schmunzeln.
Solche Originale findet man selten.
Endlich gab es Abendbrot, reisen macht hungrig. Bei Soljanka und zünftiger Hausmannskost versuchte ich die nächsten Tage zu planen. Marvel hatte vor lauter Spielvergnügen keine Zeit zu essen. Hier sind die Kinder nämlich im Mittelpunkt des Geschehens und das ist hier wörtlich zu nehmen:
In der Mitte des Speisesaals befindet sich ein Kinder-Spiele-Paradies, das Eltern in Ruhe - ihre Kids immer im Blick - essen lässt. Um dann gestärkt die Kleinen von der Spiel-Oase wegzulotsen, damit sie auch noch einen Happen essen, haha.
In dieser Nacht schliefen wir tief und fest. Eingekuschelt in einen Deckenberg. Ab und zu hörte ich das Zirpen der Grillen oder eine ferne Eule.
Ausgeruht und bereits jetzt tiefenentspannt ging es auf zum Frühstück. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so ausgelassen frühstücken konnte. Ein Hoch auf die Spielinsel. Noch kurz ein Brot für Marvel und ab zum Bootsanleger, direkt neben dem Herbergsgelände.
In Kriebstein angekommen, waren wir erst einmal hungrig.
Nun aber auf zur Burg Kriebstein.
Der Weg führte durch dichten, saftig grünen Wald. Vorbei an einem tollen Hochseil-Klettergarten, für den Marvel aber leider noch etwas zu klein war.
A propos klein, schaut mal was für gigantische Bäume wir entdeckt haben.
Das letzte Stück zur Burg Kriebstein ging steil bergab, auf einer Straße ohne Gehweg. Puh, freute ich mich auf den Rückweg. Nicht.
An der Burg angekommen, stockte uns beiden der Atem. Wir fühlten uns schlagartig ins Mittelalter katapultiert. Der kleine Lord und sein Hofnarr, hahaha.
Ich könnte euch erzählen wie wunderschön es dort ist, aber seht selbst:

Es begann zu nieseln und in 30 Minuten legte unsere Fähre ab. Anfangs fluchte ich, als ich den Buggy die steile Steigung hoch schob. Gerade jetzt regnete es.
Oben angekommen und außer Atem war ich aber sehr dankbar um die Abkühlung, so eine kleine Sporteinlage brachte mich echt ganz schön ins Schwitzen, während Marvel friedlich schlummernd im Trockenen von Rittern und Abenteuern träumt.
Die Fährfahrt zurück ging dann auch ganz fix und ich schloss mich Marvels Mittagsschläfchen in unserer Hütte an.
Wahnsinn wie tief wir hier schlafen konnten.
Den restlichen Tag machten wir - sehr untypisch für uns - nichts. Ein kleiner Aufenthalt auf dem Spielplatz, ein Eis am Kiosk, Enten füttern und dann war es auch schon Abend. Das süße nichts tun, hier kamen wir runter wie selten zuvor.
Später am Abend saß ich auf unserem Balkon und blickte in die Nacht. Das Wasser plätscherte ganz leise, während ich mit einem Glas Wein, eingewickelt in eine warme Decke, dankbar meine Gedanken schweifen ließ. Marvel schläft in der Hütte, friedlich und tief.
Überhaupt haben wir hier viel geschlafen, haben unsere Akkus aufgeladen und Kraft getankt. Auch in dieser Nacht schlummerte ich tief und fest und ein bisschen beschwipst vom Wein.
Diese Kraft brauchte ich dann auch für den nächsten Tag.
Ich wollte uns nämlich - als krönender Abschluss - ein Ruderboot ausleihen.
Das habe ich noch nie gemacht und die ersten Versuche, vom Steg wegzupaddeln sorgten sicher auch für Lacher am Ufer. Als ich den Dreh raus hatte, machte es aber auch wirklich Spaß. Nur Marvel hatte kein allzu großes Vertrauen in meine Paddelkünste, erst recht nicht, als in 20 Metern Entfernung die Fähre an uns vorbeifuhr und uns einmal kräftig durchschüttelte.
Langsam entspannten wir uns aber beide, genossen die sanften Wellen und passend zu unseren letzten Stunden in Mittweida kam auch noch die Sonne raus.
Von der Herbergsmutter wurden wir dann noch zum Bahnhof gebracht, aber nicht ohne Provianttüten für uns beide.
Mittweida danke dass du uns so geerdet hast, ich erinnere mich immer wieder gerne zurück. Ich hoffe wir zehren noch lange von dieser Freiheit, der Ruhe und der Erkenntnis:
Es muss nicht immer Action pur sein.
Manchmal reicht es auch einfach inne zu halten, im Moment zu leben und dankbar zu sein für jeden schönen Augenblick.