1. Einleitung
2. Verspäteter Saisoneinstieg durch Beherbergungsverbot
3. Erneuter Zusammenbruch des Kinder- und Jugendreisemarkts
4. Krisenmanagement: Teilöffnung, starke Teams und treue Gäste
5. Endlich wieder Jugendarbeit!
6. Ausblick: Die Jugend braucht Hilfe, jetzt!
Mit insgesamt 140.366 Übernachtungen schloss der DJH-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern das Jahr 2021 ab. Dies waren 12,6 % mehr Übernachtungen als im Vorjahr. Trotz dieser leichten Erholung gegenüber 2020 lagen die Übernachtungszahlen im Jahr 2021 immerhin noch um 40% unter den Ergebnissen des Jahres 2019, dem letzten Jahr, bevor die Auswirkungen der Corona-Pandemie den DJH-Landesverband M-V und seine Zielgruppen vor eine Vielzahl von Herausforderungen stellten.
Insofern macht es Sinn, die Jahre 2020 und 2021 als eine über einen langen Zeitraum andauernde Krisenphase zu betrachten. Denn dieser lang anhaltende Krisenzustand führte zum einen zur Verschärfung von Problemen, wie zum Beispiel der zunehmenden Abwanderung von Personal in andere Branchen – wie sie im gesamten Beherbergungssektor zu beobachten war und ist – und dem zunehmenden Strukturverlust im Bereich der Jugendarbeit. Zum anderen konnte der DJH-Landesverband M-V in 2021 bewährte Maßnahmen des Krisenmanagements aus 2020, die den Fortbestand des Vereins bereits einmal gesichert hatten, fortführen, weiterentwickeln und optimieren.
Abbildung 1: Übernachtungs- und Auslastungsentwicklung 2013 bis 2021
Berücksichtigt sind hier Übernachtungs- und Auslastungszahlen der landesverbandseigenen Jugendherbergen. Dabei wird die Auslastung über das ganze Jahr 2021 hinweg wiedergegeben, auch wenn Häuser in 2021 vorübergehend pandemiebedingt oder aufgrund der Teilöffnungsstrategie nicht geöffnet waren. Die Zahl in den Balken gibt die Anzahl der an der Übernachtungsentwicklung beteiligten Häuser an. Ab 2014 ändert sich die Berechnungsgrundlage für die Bettenauslastung. Die bei der Auslastungsberechnung berücksichtigte Bettenanzahl wird bei nicht ganzjährig geöffneten Jugendherbergen auf einen durchschnittlichen Jahreswert korrigiert.
* Die Anzahl und zugehörigen Zeiträume der geöffneten Jugendherbergen in 2021 gestalten sich entsprechend der Teilöffnungsstrategie wie folgt:
18.06. bis 26.11.2021:
JH Stralsund
18.06. bis 31.10.2021:
JH Prora, JH Heringsdorf, JH Warnemünde
18.06. bis 24.9./03.10./16.10.2021:
JH Mirow (bis 24.9.2021), JH Born-Ibenhorst (bis 03.10.2021), JH Sellin (bis 16.10.2021)
Juni-September 2021:
zeitweise Sondernutzung JH Wismar, JH Binz, JH Güstrow
Auch in 2020 wurde eine Teilöffnungsstrategie umgesetzt. Öffnungszeiträume und Anzahl geöffneter Jugendherbergen in 2020 siehe Jahresbericht 2020 – Statistisch gesehen: Das Jahr in Zahlen
Während im Jahr 2020 bereits zu Pfingsten (Mai 2020) bundesweite Beherbergungsverbote aufgehoben wurden und die Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern wieder erste Gäste empfingen, dauerte der Lockdown durch das im November 2020 verordnete Beherbergungsverbot knapp über sieben Monate bis Anfang Juni 2021 an. Somit befanden sich alle Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern das gesamte erste Halbjahr 2021 im Lockdown.
Die Dynamik der Corona-Infektionen und die damit einhergehende schrittweise Verlängerung des Beherbergungsverbots (November 2020 bis Juni 2021) sorgte insbesondere bei Schulklassen und Jugendgruppen, die traditionsgemäß ihre Reisen bis zu einem Jahr im Voraus planen, für eine große und anhaltende Verunsicherung bis hin zur „Entwöhnung“ vormals über Jahre etablierter Reisegewohnheiten der Zielgruppen.
Die Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern erlebten somit im ersten Quartal 2021 eine Stornierungswelle insbesondere im Schulfahrtenbereich, dessen stärkste Reisemonate normalerweise im Mai und Juni gelegen hätten. Der Saisoneinstieg erfolgte somit zu Beginn des Sommerferienkorridors Mitte Juni 2021, womit die Auslastung der Häuser zum Großteil durch Familien und Individualgäste geprägt wurde.
Doch die Bilanz des Jahres 2021, mit nur einem Drittel der Übernachtungen im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019, erklärt sich nicht allein durch einen verspäteten Saisoneinstieg. Ein Blick auf die Übernachtungszahlen nach Zielgruppen macht deutlich, dass - wie bereits in 2020 - nur ein Bruchteil der sonst üblichen Schul- und Jugendvereinsfahrten stattfinden konnten: Im gesamten Jahr 2021 wurden 75 % weniger Übernachtungen von Jugendgruppen und Schulen generiert als noch im Jahr 2019.
Neben der Verunsicherung durch behördliche Reiseverbote und das dynamische Infektionsgeschehen hat zu dieser Bilanz beigetragen, dass im Verlauf des Jahres 2021 die Jugendarbeit sowie das Schulleben bei weitem noch nicht zur Normalität zurückkehren konnten. Eine flächendeckende Rückkehr zum vollständigen Präsenzunterricht wurde zum Teil erst nach den Sommerferien 2021 gewährleistet, indem nach umfassendem Unterrichtsausfall das Nachholen von Lernstoff im Mittelpunkt des Schulbetriebs stand. Trotz größtem Engagement seitens der Jugendvereine seit Beginn der Corona-Krise, mithilfe von digitaler Vereinsarbeit Teilnehmer/innen an sich zu binden, machte sich dort ein Strukturverlust bemerkbar: Jugendliche und damit zahlende Mitglieder verließen die Vereine, was diese finanziell bedrohte, Nachwuchs für die zum Großteil ehrenamtliche Vereinsarbeit, der sich traditionsgemäß aus ehemaligen jungen Mitgliedern generiert, blieb aus. Somit stand in der Jugendverbandsarbeit im Jahr 2021 zunächst einmal die Aufbauarbeit und Rückkehr zu Präsenztreffen im Mittelpunkt. Seit Vereinsgenerationen traditionell stattfindende Fahrten, die nur mit viel Engagement zumeist ehrenamtlicher Helfer/innen durchgeführt werden können, wurden ein zweites Jahr in Folge ausgesetzt, um sich auf den Selbsterhalt zu konzentrieren.
Somit kehrte sich im Jahr 2021 das Verhältnis der Nutzer- bzw. Zielgruppen in den Jugendherbergen des DJH-Landesverbandes M-V um: In „normalen Jahren“ (vor Corona) stellen Schulen und Jugendgruppen im Durchschnitt 60 % der Gäste; Familien und Einzelreisende hingegen machen normalerweise nur 40 % aus. Im Jahr 2021 war das
Verhältnis genau umgekehrt: 35,3% Gruppen und 64,7% Einzelgäste. Wie auch schon im Jahr 2020 sorgte diese Umkehr des Zielgruppen-Mixes jedoch nicht für eine stärkere Auslastung. Es kamen nicht mehr Familien und Einzelreisende in die Jugendherbergen als in den Vorjahren, was insofern auch nicht die Verluste der Haupt-Zielgruppen ersetzen konnte. Auch hier ließ sich durch das lang anhaltende Beherbergungsverbot und die dadurch entstandene Verunsicherung sogar ein leichter Rückgang beobachten. Zudem ist ein Teil der Jugendherbergen des DJH-Landesverbandes M-V aufgrund von Lage und Ausstattung mit Gemeinschaftssanitär und Gruppenzimmern für den durchschnittlichen Individualgast nicht hinreichend attraktiv. Durch Stornierungen bedingte Lücken, die in solchen Häusern durch Schulklassen und Gruppen entstehen, werden durch Urlaubsgäste nicht gefüllt. Hinzu kommt, dass der Ausfall durch Schulklassen, die außerhalb der Ferien reisen, per se nicht von Feriengästen gedeckt werden kann. So generierten Familien im Jahr 2021 knapp 90.000 Übernachtungen, im Jahr 2019 (vor Corona) waren es 150.000 Übernachtungen.
Abbildung 2: Übernachtung nach Zielgruppen 2021 im Vergleich zu 2019
Wie auch schon im ersten Krisenjahr 2020 sorgte die Verschiebung der Zielgruppen für eine Verschiebung der Quellmärkte. In den Vor-Corona-Jahren hielten stets die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, gefolgt von Brandenburg, die Spitzenpositionen bei den Quellmärkten. Diese rückten 2021 zugunsten von Sachsen je einen Platz nach unten. Eine Ursache war, dass sich in normalen Jahren Übernachtungen aus den unmittelbaren Nahbereichen Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg zu einem großen Teil aus solchen von Schulen und Jugendgruppen zusammensetzen, die im Jahr 2021 zum Großteil wegfielen. Ein weiterer Grund war die regionale Verteilung der Sommerferienzeiten: Die südlichen Bundesländer begannen im Jahr 2021 später als der Norden, was ihnen mehr zeitlichen Vorlauf zur Urlaubsorganisation gab, nachdem erst Anfang Juni 2021 das Beherbergungsverbot im „Urlaubsland“ Mecklenburg-Vorpommern aufgehoben war. Dieser Zeitpunkt war für Gäste aus Berlin und Brandenburg für spontane Reiseentscheidungen schlicht zu spät.
Abbildung 3: Top 10-Quellmärkte 2021
Die ausbleibenden Übernachtungen im Gruppensegment trafen nicht jede Jugendherberge gleichermaßen: Wie bereits im Jahr 2020 waren Standorte stärker betroffen, die sich aufgrund ihrer Lage und baulichen Merkmale (Gemeinschaftssanitär, Gruppenzimmer, zweckmäßige Gruppenausstattung) nicht als klassisches Urlaubsquartier, wohl aber als Unterkunft für Klassenfahrten und Jugendfreizeiten eignen.
Da sich der wirtschaftliche Schaden des Jahres 2020 bereits durch das weitreichende Beherbergungsverbot in der ersten Jahreshälfte 2021 signifikant vergrößert hatte, mussten weitere Verluste vermindert werden. Eine, mangels Auslastung unrentable Betreibung von Standorten, bei der die Ausgaben für die Betreibung die Einnahmen überstiegen, musste abgewendet werden. Somit wurde erneut eine Teilöffnungsstrategie umgesetzt. Diese hatte bereits im ersten Krisenjahr 2020 den Fortbestand der Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern maßgeblich abgesichert.
Geöffnet blieben Jugendherbergen, bei denen die Auslastung weniger stark eingebrochen war als bei klassischen „Gruppenhäusern“ und die aufgrund ihrer Baulichkeit auch unter weiterhin geltenden, strengen Hygieneauflagen ausreichend ausgelastet werden konnten. Um die Auslastung in den verbleibenden Häusern zu steigern, setzte der DJH-Landesverband M-V, wie bereits im Jahr 2020, ein komplexes Umbuchungsmanagement um. Anspruch war es, jedem Gast aus einer im Jahr 2021 nicht geöffneten Jugendherberge ein adäquates Umbuchungsangebot in eine geöffnete Jugendherberge zu ermöglichen.
Neben der Auslastungssteigerung in den geöffneten Häusern hatte die Umbuchungsstrategie auch zum Ziel, Gäste aus nicht geöffneten Häusern langfristig an die Jugendherbergen in Mecklenburg-Vorpommern zu binden. Auch wenn durch Teilschließungen das langjährig genutzte Stammhaus ggf. nicht geöffnet war, sollte der Gast sich weiterhin auf den Anbieter DJH-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern verlassen können. Für die komplexe Umbuchungsstrategie war das zentrale Service-Center des DJH-Landesverbandes M-V in Rostock Dreh- und Angelpunkt aller Bemühungen. Zeitweise wurde das Team mit Mitarbeiter/innen aus den Jugendherbergen verstärkt. Hier gilt der Dank allen Beschäftigten, die diese herausfordernden Aufgaben im Belegungsmanagement und der Gästekommunikation erfolgreich gemeistert haben.
Durch gute Vernetzung mit Landkreisen, Kommunen und regionalen Tourismusorganisationen konnten zudem die in 2021 nicht regulär geöffneten Standorte Wismar und Binz zwischen Juni und September für Sondernutzungen zur Verfügung gestellt werden. In der Jugendherberge Wismar erfolgte die Unterbringung von Helfern des kommunalen Impfzentrums, in er Jugendherberge Binz waren die für die Bewachung der Binzer Bucht zuständigen Rettungsschwimmer untergebracht. In der Jugendherberge Güstrow wurde im Juli letztmalig eine Stamm-Musikgruppe begrüßt.
Für die Jugendherbergen Güstrow und Zingst bestand aus den weitreichenden wirtschaftlichen Folgen der Corona Pandemie keine Aussicht mehr auf eine Rückkehr zum Normalbetrieb. Unter Abwägung aller Umstände trafen die zuständigen Vereinsgremien des DJH-Landesverbandes M-V im Laufe des Jahres 2021 die schwere Entscheidung, beide traditionsreichen Standorte in Güstrow und Zingst dauerhaft aufzugeben. Für die Liegenschaft der Jugendherberge Zingst, die sich seit 1997 im Grundeigentum des DJH-Landesverbandes M-V befand, begannen im Sommer 2021 Verkaufsbemühungen. Ziel war es, aus den Verkaufserlösen des Objekts frisches Investitionskapital für den
DJH-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern zu erzielen, um damit den in beiden Krisenjahren und darüber hinaus entstandenen Investitionsstau in den verbleibenden Jugendherbergen wenigstens teilweise zu überwinden. Inzwischen ist die ehemalige Jugendherberge Zingst verkauft.
Abbildung 4: Öffnungszeiträume, Übernachtungen und Bettenauslastung pro Haus 2021
Die bei der Auslastungsberechnung berücksichtigte Bettenanzahl wird bei nicht ganzjährig geöffneten Jugendherbergen auf einen durchschnittlichen Jahreswert korrigiert. Berücksichtigt sind Übernachtungen in den 14 landesverbandseigenen Jugendherbergen.
Die Anzahl und zugehörigen Zeiträume der geöffneten Jugendherbergen in 2021 gestalten sich entsprechend der Teilöffnungsstrategie wie folgt:
18.06. bis 26.11.2021:
JH Stralsund
18.06. bis 31.10.2021:
JH Prora, JH Heringsdorf, JH Warnemünde
18.06. bis 24.9./03.10./16.10.2021:
JH Mirow (bis 24.9.2021), JH Born-Ibenhorst (bis 03.10.2021), JH Sellin (bis 16.10.2021)
Juni-September 2021:
zeitweise Sondernutzung JH Wismar, JH Binz, JH Güstrow
Die Teilöffnungsstrategie war zudem aufgrund der im Jahr 2021 zunehmenden Personalengpässe notwendig. Durch das Beherbergungsverbot von November 2020 bis Juni 2021 kam es zum umfassenden Arbeitsausfall in allen Jugendherbergen. 95% des Jugendherbergspersonals war in dieser Zeit von Kurzarbeit betroffen, was eine Abwanderung von Mitarbeitenden in andere Branchen zufolge hatte, die weniger stark von Corona-Beschränkungen betroffen waren. Für Saisonstellen in den Jugendherbergen fehlte die Aussicht auf Wiedereinstellung durch eine politisch bedingt fehlende Öffnungsperspektive in den Beherbergungsbetrieben.
Trotz verbandspolitischer Bemühungen, die benötigten Personal-Neueinstellungen für die Saison 2021 rechtzeitig vornehmen zu können, um den Beschäftigten frühestmöglich Vertragssicherheit zu bieten, blieb die dafür notwendige Genehmigung wegen der andauernden Kurzarbeit im DJH-Landesverband M-V durch die Arbeitsagenturen bis Ende Mai 2021 untersagt. Im Gastgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern werden gewöhnlich im Winter des Vorjahres die Saisonkräfte für die Folgesaison angeworben. Somit war es für viele Jugendherbergsstandorte im Mai 2021 augenscheinlich zu spät, noch die erforderlichen Arbeitskräfte für die Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit in den Häusern erfolgreich akquirieren zu können. Die regionalen Arbeitsmärkte boten kaum noch verfügbare Arbeitskräfte in den benötigten Berufsgruppen. Die Folge waren nicht besetzte Personalstellen in allen Jugendherbergen des DJH-Landesverbandes M-V. Somit galt es auch hier zu verdichten: Personal aus nicht geöffneten Jugendherbergen wurde übergangsweise während der Saison 2021 in geöffneten Jugendherbergen eingesetzt, um wenigstens dort die Betriebsfähigkeit zu sichern.
Diese Maßnahme des standortübergreifenden Personaleinsatzes war nur aufgrund der Bereitschaft und des unnachgiebigen Engagements aller noch verbliebenen Beschäftigten im DJH-Landesverband M-V umsetzbar. Die Bereitschaft, Fahrtwege auf sich zu nehmen und die Fähigkeit, sich schnell an einem neuen Arbeitsort einzuarbeiten und zu helfen, wo Hilfe benötigt wurde, ist besonders hervorzuheben. Weiterhin ist es den Stammteams der Jugendherbergen zu verdanken, dass sich die vorübergehend aushelfenden Kollegen schnell einarbeiten und einen Platz im Team finden konnten. Insgesamt gebührt allen Mitarbeiter/innen große Dankbarkeit, dass sie trotz der lange anhaltenden Phase der Kurzarbeit, bis zum verspäteten Saisonstart im Juni 2021, dem DJH-Landesverband M-V die Treue gehalten und die Saison 2021 unter herausfordernden Bedingungen erfolgreich gestemmt haben.
Bei allen Widrigkeiten in der betrieblichen Organisation ist es gemeinschaftlich gelungen, bei den gleichermaßen von Pandemie und Verunsicherung geprägten Gästen Vertrauen zu schaffen und Probleme schnell und pragmatisch zu lösen.
Mit Erfolg: Die Gästezufriedenheit in der Saison war wie auch 2020 vergleichsweise hoch.
Vor allem für Schulen und Jugendgruppen, die trotz der schwierigen Umstände mit viel Engagement eine Fahrt auf die Beine gestellt hatten, war nach langer Zeit der Entbehrung die Fahrt in die Jugendherberge ein Jahreshöhepunkt. Wieder in Präsenz mit Gleichaltrigen zusammenzukommen, nicht gelebte Freiräume und soziale Kontakte endlich wieder ausleben zu können, in der Natur aktiv unterwegs zu sein, war schließlich das, was während lang andauernder Lockdown-Phasen in beiden Corona-Krisenjahren 2020 und 2021 schmerzlich eingebüßt wurde. Lehrer/innen und Betreuer/innen hatten in dieser Zeit in den Jugendherbergen des DJH-Landesverbandes M-V einen verlässlichen Partner, der half durch die neuen, veränderten Reisebestimmungen und Auflagen hindurch zu steuern und dadurch für Entlastung in – nachwie vor – herausfordernden Zeiten sorgte.
In diesem Zusammenhang ist auch hervorzuheben, dass die Zahl der Mitglieder in 2021 zwar erneut durch Lockdowns und touristische Reiseverbote sank (-7,1 %), der Rückgang aber nicht maßgeblich auf Jugendgruppen und Schulen zurückzuführen ist. Und das obwohl die Reisefähigkeit von Schulen und Jugendgruppen im zweiten Pandemiejahr am stärksten eingeschränkt war und diese somit den geringsten Nutzen von der DJH-Mitgliedschaft hatten. So sanken die Mitgliederzahlen von Schulen und Vereinen nur um 5,6 %, während der Rückgang bei Familien und Einzelreisenden bei 19,9 % lag. Dies spricht für eine gelungene Kundenbindung bei den Kernzielgruppen des DJH-Landesverbandes M-V, trotz eines weitereichenden Marktversagens durch behördliche Auflagen. Zum anderen zahlte sich hier aus, dass der DJH-Landesverband M-V durch Kooperationen und Partnerschaften mit Schulen und Vereinen vor Ort die Nähe zu den einschlägigen Kernzielgruppen in den Vorjahren stetig ausgebaut hatte. In beiden von der Corona-Pandemie geprägten Krisenjahren wurde die Pflege dieser Partnerschaften fortgesetzt, was stark zur Verbundenheit mit dem DJH-Landesverband M-V durch die Krise hindurch beigetragen hat.
Abbildung 5: Mitgliederentwicklung 2014 bis 2021
Der volle Einsatz für Kinder und Jugendliche, für die beide Pandemie-Krisenjahre die schwerwiegendsten Folgen hatten, wurde im Jahr 2021 nicht nur durch offene Herbergstüren und intensive Gästebetreuung – insbesondere von Schulen und Jugendgruppen – gezeigt, sondern auch durch wieder eigene Maßnahmen in der Jugendarbeit.
Nachdem der DJH-Landesverband M-V im Krisenjahr 2020 wegen Corona keine eigenen Feriencamps durchführen konnte, wurden im Jahr 2021 Synergien genutzt und neue Kooperationen gebildet: Dank des Corona-Aufholpakets des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend standen Mittel bereit, um nicht nur irgendein Feriencamp zu gestalten, sondern eines, das musikalische Bildung sowohl Kindern ohne als auch mit Vorerfahrung zeitgleich ermöglichte. Gemeinsam mit der mobilen Musikschule Greifmusic aus Greifswald und Standorten in ganz Norddeutschland wurden im Jahr 2021 insgesamt zwei Durchgänge eines Musik- und Bandcamps durchgeführt, bei dem Anfänger wie Fortgeschrittene ihrem Lernstand gemäß Bands gründeten, Stücke einübten und den Spaß an der Musik feierten. Für die Freizeitbetreuung konnten regionale Teamer/innen gewonnen werden: Die Erlebnispädagog/innen des Erlebniskollektiv M-V stellten das Rahmenprogramm und sorgten dafür, dass die Teilnehmenden der Maßnahme schnell als Gruppe zusammenwuchs. Das Team der Jugendherberge Stralsund, wo beide Feriencamps stattfanden, sorgte für eine reibungslose Umsetzung und dafür, dass sich alle Beteiligten stets bestens aufgehoben fühlten. Der Andrang auf das Camp und das Feedback im Anschluss waren durchweg positiv. Die erfolgreiche Kooperation konnte aufgrund der guten Erfahrungen aus dem Jahr 2021 auch für die Saison 2022 fortgesetzt und erweitert werden.
Der DJH-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern hat auch das zweite Krisenjahr in Folge durch sein strategisches Krisenmanagement, seine engagierte Mitarbeiterschaft und treue Gäste schlussendlich gut gemeistert. Dennoch bleibt abzuwarten, wie schnell sich die Zielgruppen für Kinder- und Jugendreisen - wie schnell sich Schule, Jugendarbeit und Jugendhilfe – mit strukturellen Verlusten und Entbehrungen aus solch einer lang andauernden Krise wieder erholen werden. Gruppen- und Klassenfahrten sind nur ein kleiner Teil einer lebendigen Jugendarbeit und Jugendhilfe, eines vielfältigen Schullebens, das auch außerschulische Erfahrungen mit einbezieht. Solange in diese Bereiche keine beständige Normalität zurückkehrt, finden auch Fahrten nur in Ausnahmefällen statt. Leidtragende sind Kinder und Jugendliche, die nicht ewig Zeit zum Aufholen haben. Soziale Räume, unbeschwerte und routinierte Abläufe an Schulen und in der außerschulischen Jugendarbeit benötigen junge Menschen immer für ihre Entwicklung, aber heute mehr denn je. Die zwei von der Pandemie geprägten Krisenjahre haben für Heranwachsende in einer wichtigen Entwicklungsphase für das ganze Leben Spuren hinterlassen. Diese Spuren sind nicht wegzuwischen, sie können aber, durch Institutionen und Akteure der Jugendhilfe, Jugendarbeit und außerschulischen Bildung abgefedert werden, sowie durch eine Gestaltung von Schule, die das Lernen fürs Leben mit zu ihrer Aufgabe macht. Diese Institutionen und Akteure müssen politisch größere Beachtung und Förderung finden, um ihre Unterstützungsarbeit für Kinder und Jugendliche leisten zu können. Vor der jungen Generation, die maßgeblich von der Corona-Zeit betroffen war, stehen gesellschaftliche Herausforderungen die größer sind als je zuvor. Die Fürsorge für die Jüngsten der Gesellschaft sollte nie und insbesondere nicht jetzt Nebensache sein. Denn eines bleibt immer gültig: Kinder sind die Zukunft!
Abbildung 6: Auswege schaffen